Samstag, 17. Juni 2023

Bertolt Brecht und der 17. Juni 1953

Volksaufstand am 17. Juni 1953


Bertolt Brecht und der 17. Juni 1953

Der Dramatiker Bertolt Brecht (1898-1956) wollte am 17. Juni 1953, unmittelbar nach dem Arbeiteraufstand in der DDR, spontan in die SED eintreten. Daran erinnerte sich der 1994 verstorbene ostdeutsche Schriftsteller Erwin Strittmatter ("Der Laden") in seinen Tagebüchern, dessen zweiter und letzter Band jetzt im Berliner Aufbau Verlag erschienen ist.

Strittmatter, Schüler und Assistent Brechts Anfang der 1950er-Jahre am Berliner Ensemble, spricht in seinen späteren Tagebüchern manchmal von sich in der dritten Person als "Alter Mann" und notierte 1985 sich erinnernd: "Einmal fragte der Alte Mann Brecht: 'Weshalb bist du nie in die Partei eingetreten?' 'Es war da so eine Sache mit der Disziplin', antwortete er."

Volksaufstand am 17. Juni 1953 An jenem 17. Juni 1953, "um den die Politiker Lügen und Lügen ranken ließen", wie Strittmatter (1912-1994) notierte und dabei offen ließ, ob ost- oder westdeutsche Politiker gemeint sind oder allesamt, "wollte Brecht in die Partei hinein", erinnerte sich der Autor von DDR-Erfolgsromanen wie "Ole Bienkopp" und "Der Wundertäter", und fügte dann hinzu: "Der Alte Mann wurde ausgeschickt, den Partei-Oberen mitzuteilen, Brechts Aufnahme in die Partei solle rasch geschehen. B. versprach sich davon Wirkung auf die 'Gegner' im Westen, jedoch die Parteibürokraten zögerten, und als drei Tage herum waren, sagte Brecht: 'Nun will ich nicht mehr; der Effekt ist weg.'"

Der Leiter des Brecht-Archivs in Berlin, Erdmut Wizisla, sagte dazu: "Dass Brecht am 17. Juni spontan in die Partei eintreten wollte, hat auch Brechts Assistentin Käthe Rülicke überliefert. Strittmatters Bericht, dass Brecht nach drei Tagen die Idee wieder fallen ließ, weil der Effekt weg sei, ist hingegen für uns neu - wie auch der ausdrückliche Hinweis auf Schwierigkeiten mit der Parteidisziplin. Aber es passt zu dem, was wir von seinem Verhältnis zur Partei wissen. Brecht ist solidarisch gewesen, aber er hat sich nicht in den Dienst nehmen lassen. Sein politisches Denken war unabhängig und absolut kalkuliert, was Spontaneität absolut einschloss. Im Zweifelsfall agierte er immer als Künstler."

Brecht hatte nach dem Arbeiteraufstand in einem Brief an SED-Chef Walter Ulbricht seine grundsätzliche Verbundenheit mit der Partei bekundet. Beim Abdruck im SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" fehlte dann allerdings diese Passage: "Die große Aussprache mit den Massen über das Tempo des sozialistischen Aufbaus wird zu einer Sichtung und zu einer Sicherung der sozialistischen Errungenschaften führen."

Seine danach verfassten "Buckower Elegien" enthielten auch das Gedicht "Die Lösung", das allerdings erst nach seinem Tod veröffentlicht wurde, und den Gedanken enthielt, die Regierung könne sich ja auch "ein neues Volk wählen".

Weblink:

Bertolt Brecht und der 17. Juni 1953 - www.n-tv.de <a href="https://www.n-tv.de/panorama/Bertolt-Brecht-und-der-17-Juni-1953-article13443981.html">Bertolt Brecht und der 17. Juni 1953</a> - www.n-tv.de

Samstag, 18. Februar 2023

Brechts weltweite Geltung

m 10. Februar 2023 wäre der deutsche Autor Bertolt Brecht 125 Jahre alt geworden. Seine Geburtsstadt Augsburg ehrt ihn mit einem Festival unter dem Motto "Worldwide Brecht", denn der von den Nazis verfolgte Bühnenautor, der jahrelang im Exil leben musste, schrieb zeitlose Bühnenstücke und hat sich längst zum deutschen Exportschlager entwickelt. Brecht ist heute ein weltweit gespielter Autor.

Mit seiner "Dreigroschenoper" (1928), bis heute eines der meistgespielten Musiktheaterstücke der Welt, eroberte er Großbritannien und die USA, aber auch in Japan, Togo und Polen werden seine Stücke heute noch regelmäßig aufgeführt.

In Japan ist Bertolt Brecht eine bekannte Größe. Im Exil beschäftigte sich Brecht selber mit japanischer Literatur. Zu Gast bei seiner Kollegin Hella Wuolijoki in Finnland entdeckt er das japanische Drama "Die traurige Geschichte einer Frau, die Geschichte von Chink Okichi", in dem eine Geisha im 19. Jahrhundert einen US-Konsul verführt, um ihre Heimatstadt Shimoda vor dem Beschuss durch die Amerikaner zu retten.

In Lomé im westafrikanischen Togo inszeniert Regisseur Ramsès Alfa eines von Brechts berühmtesten Stücken, "Mutter Courage und ihre Kinder" (1941).

Freitag, 10. Februar 2023

Bertolt Brecht 125. Geburtstag


Bertolt Brecht



Am 10. Februar wäre Bertolt Brecht 120 Jahre alt geworden. Der deutsche Dramatiker, Schriftsteller und Regisseur Bertolt Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren. Bertolt Brecht war der einflussreichste deutscher Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts. Brecht war ein Autor mit Weltgeltung - seine Stücke werden bis in die heutige Zeit auf der ganzen Welt gespielt.

Brecht war ostdeutscher Staatsdichter und die westdeutsche Revolutionsikone, politischer Lehrmeister und der philosophischer Skeptiker.

Von 1917 bis 1918 studierte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München Naturwissenschaften, Medizin und Literatur. Sein Studium musste er allerdings bereits im Jahr 1918 unterbrechen, da er in einem Augsburger Lazarett als Sanitätssoldat eingesetzt wurde.

Schon als Schüler provozierte der junge Berthold mit seinen Texten, als junger Dramaturg feierte er bei den Münchner Kammerspielen seinen ersten Erfolg mit dem Drama "Trommeln in der Nacht", das ihm den Kleist-Preis einbrachte (1922). Doch den jungen Brecht zog es nach Berlin.

1921 bemerke er lakonisch: "Ich beobachte, daß ich anfange, ein Klassiker zu werden." Doch sein Werk bewahrte ihn vor der "durchschlagenden Wirkungslosigkeit eines Klassikers", wie es Max Frisch einmal ironisch formulierte.



Das epische Theater lag ihm am Herzen, sollte es doch nach Ansicht von Bertolt Brecht gesellschaftliche und politische Veränderungen in Gang setzen. Die Demonstration gesellschaftlicher Widersprüche auf der Bühne soll Zuschauer aktivieren, Kritik am Schicksalsglauben und eine materialistische Haltung vermitteln. Das Theater soll vom Repräsentations- und Unterhaltungsinstrument für die Oberschicht zu einer kritischen Veranstaltung insbesondere für das Proletariat werden.

"Das Theater darf nicht danach beurteilt werden,
ob es die Gewohnheiten seines Publikums befriedigt,
sondern danach, ob es sie zu ändern vermag."


Bertolt Brecht

Ausgewählte Werke in sechs Bänden:


Ausgewählte Werke in sechs Bänden

Bertolt Brechts Werke gehören heute zum Kanon der Weltliteratur. Seine »Dreigroschenoper« ist das weltweit wohl populärste deutsche Theaterstück des Zwanzigsten Jahrhunderts. Schon nach seiner Uraufführung im Berlin des Jahres 1928 pfiffen die krisengebeutelten Berliner auf der Straße die Melodien von Kurt Weill, die »Moritat von Mackie Messer« oder das »Lied der Seeräuber Jenny«.

1933 verließ Brecht mit seiner Familie und Freunden Berlin und flüchtete über Prag, Wien und Zürich nach Dänemark, später nach Schweden, Finnland und in die USA. Neben Dramen schrieb Brecht auch Beiträge für mehrere Emigrantenzeitschriften in Prag, Paris und Amsterdam. 1948 kehrte er aus dem Exil nach Berlin zurück, wo er bis zu seinem Tod als Autor und Regisseur tätig war.

Brecht verbrachte 15 Jahre im Exil, bevor er nach nach dem Zweiten Weltkrieg wieder nach Deutschland zurückkehrte, in die DDR. Immer wieder kritisierte er in seinen Stücken die Ungerechtigkeit des Kapitalismus.

Bertolt Brecht starb am 14. August 1956 an den Folgen eines Herzinfarktes und wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin begraben.Er fand seine letzte Ruhesstätte auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin.



Blog-Artikel:

Brechts episches Theater - Literatenwelt-Blog - http://literatenwelt.blogspot.de

Brechthaus in Augsburg - Museumswelt-Blog - http://museums-welt.blogspot.de

Bertolt Brecht

Samstag, 27. August 2022

Bertolt Brechts Dreigroschenroman

Dreigroschenoper Plakat

Am 31. August 1928 wurde im Berliner Theater am Schiffbauerdamm die »Dreigroschenoper« uraufgeführt. Die »Dreigroschenoper« ist ein Theaterstück von Bertolt Brecht nach der Vorlage der »Beggar's Opera« von John Gay - untermalt mit der Musik des Komponisten Kurt Weill.

Das Stück ist Gangster-Romantik und Gesellschaftskritik zugleich. Es geht auch um fundamentale Kapitalismuskritik: um die Ausbeutung des Menschen, um das Elend auf der Straße, um Menschen, die täglich um ihr Leben kämpfen müssen und dabei der Kriminalität von Gangstern ausgesetzt sind.

„Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?" - Der »Dreigroschenoper« gelang es, die weltweiten sozialen und ökonomischen Zerfallsprozesse des Zwanzigsten Jahrhunderts exemplarisch und dabei bitterböse unterhaltsam in Szene zu setzen.

"Es muß etwas Neues geschehen", ruft Brechts Jonathan Peachum, Chef einer Bettlermafia, dem Publikum zu. Warum? Hier werden die Regeln des Marktes neu definiert, hier wird das Elend der Menschen zur Ware für wenige und das Verbrechen zum alternativen Geschäftsmodell erklärt.

Die beiden Kriminellen, Peachum und Mackie Messer, betreiben ihr Geschäft wie gewiefte Unternehmer. Peachum schickt sein Bettlerheer auf Beutezug und kassiert ab. Als Mackie mit seiner Tochter durchbrennt, verrät Peachum ihn an die Polizei. Doch Mackie nutzt seinen Charme bei den Frauen, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.


Er ist der neue Mensch, er bewegt sich in der Welt des wirtschaftlichen und moralischen Verfalls, wo jeder jeden ans Messer liefert, wie ein Fisch im Wasser. Die Krise ist seine eigentliche Heimat. Das Stück beruht auf der Vorstellung, daß der Bettler kein Bürger und der Bürger kein Bettler ist.

Die »Dreigroschenoper« beschreibt die Unzulänglichkeiten des Lebens. Es ist eine Skizze für die korrupte Gesellschaft, in der die Moral nach dem Fressen kommt. In der heutigen Zeit hat sich nicht viel verändert, daher ist es ein zeitloses Stück. Das Stück könnte heutzutage in der Politik, Verwaltung oder in der Wirtschaft spielen. Die Korruption tritt in Abständen immer wieder zutage.


Brecht

Brechts Dreigroschenroman ist heue noch überaus aktuell. Das liegt an der Gesellschaftskritik des Romans. Er zeigt, wie eine Wirtschaftsform, die alle Bereiche der Gesellschaft ihrem Diktum der Profitmaximierung unterwirft, durch ständigen Formwandel überlebt. Während sie die natürlichen und gesellschaftlichen Grundlagen menschlicher Existenz zerstört, produziert sie gleichzeitig immer neue Mythen und Ideologien, die die Ursachen dieses Zerstörungswerkes verbrämen.

Weblink:

Bertolt Brechts Dreigroschenroman oder: Kapitalismus als Roman - www.nachdenkseiten.de


SZ-Quiz:

Autor Bertolt Brecht

Quiz Wie gut kennen Sie Bertolt Brecht?

Samstag, 6. August 2022

»Buckower Elegien« von Bertolt Brecht

Buckower Elegien

Irgendwo, weit im Osten Brandenburgs, hatte - zu unseligen DDR-Zeiten ostzonaler Anfangsjahre - Bertolt Brecht sein Häuschen, "Das kleine Haus unter Bäumen am See." In Buckow in der Märkischen Schweiz. Dort schrieb Brecht im Sommer 1953 die dreiundzwanzig Gedichte, die als "Buckower Elegien" später ihre Zusammenfassung und Veröffentlichung fanden. .

Bertolt Brecht schrieb die »Buckower Elegien« im Jahr 1953 in Buckow am Scharmützelsee. Hier in der Idylle der Märkischen Schweiz fand er die Ruhe, um ungestört arbeiten zu können. Brecht hatte sich zurückgezogen, keine Dramen mehr, keine Theaterarbeit, nur noch Gedichte - kurze Gedichte. Die Buckower Elegien, immer als Reaktion auf den 17. Juni 1953 verstanden, sind die letzte Gedichtsammlung Brechts.

In diesem späten Gedichtzyklus klingen neben den einfachen Schönheiten der Natur („Später, im Herbst / Hausen in den Silberpappeln große Schwärme von Krähen“) auch tagespolitische Themen, wie der Volksaufstand vom 17. Juni („Wäre es da / Nicht doch einfacher, die Regierung / Löste das Volk auf und / Wählte ein anderes?“) an.


"Ich sitze am Straßenhang.
Der Fahrer wechselt das Rad.
Ich bin nicht gern, wo ich herkomme.
Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre.
Warum sehe ich den Radwechsel
Mit Ungeduld?"


Die Buckower Elegien, immer als Reaktion auf den 17. Juni 1953 verstanden, sind die letzte Gedichtsammlung Brechts. Bedeutend sind sie vor allem wegen ihrer komprimierten Konzeption und ihrem allegorischen Charakter. Wie zum Beispiel "Der Radwechsel"(oben) oder dieses:

"In der Frühe
Sind die Tannen kupfern.
So sah ich sie
vor einem halben Jahrhundert
vor zwei Weltkriegen
mit jungen Augen."


Am schönsten empfinde ich gerade bei diesen Gedichten die ungereimten Verse. Sie sagen so viel mehr und ihre Melodie ergibt sich bei jedem Gedicht, am Schluss, rückwirkend, auch immer wieder, wenn man sie noch mal liest.

Der schmale Insel-Band - eine Nachauflage aus dem Jahre 1964 - bringt neben den „Buckower Elegien“ auch die „Gedichte im Exil“. Die beiden Gedichtsammlungen hatte Brecht selbst zusammengestellt. Die „Gedichte im Exil“ waren erstmals 1939 in Kopenhagen erschienen. Neben Beobachtungen zur politischen Lage in Deutschland verarbeitete Brecht hier auch seinen Alltag in Dänemark, wohin er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme geflohen war.

Literatur:


Buckower Elegien
von Bertolt Brecht

Freitag, 17. Juni 2022

»Die Lösung« Ostberlin (1953)

Volksaufstand am 17. Juni 1953





Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?

»Die Lösng« von Bertolt Brecht





Bertolt Brecht schrieb die »Buckower Elegien« 1953 in Buckow am Scharmützelsee. Hier in der Idylle der Märkischen Schweiz fand er die Ruhe, um ungestört arbeiten zu können. Brecht hatte sich zurückgezogen, keine Dramen mehr, keine Theaterarbeit, nur noch Gedichte - kurze Gedichte.

In diesem späten Gedichtzyklus klingen neben den einfachen Schönheiten der Natur („Später, im Herbst / Hausen in den Silberpappeln große Schwärme von Krähen“) auch tagespolitische Themen, wie der Volksaufstand vom 17. Juni („Wäre es da / Nicht doch einfacher, die Regierung / Löste das Volk auf und / Wählte ein anderes?“) an.

Seine nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 verfassten »Buckower Elegien« enthielten auch das Gedicht »Die Lösung«, das allerdings erst nach seinem Tod veröffentlicht wurde, und den Gedanken enthielt, die Regierung könne sich ja auch "ein neues Volk wählen".


Literatur:< br>
Buckower Elegien
Buckower Elegien

Buckower Elegien
Buckower Elegien